Mittwoch, 7. September 2011

Normandie 2011

Nachdem es hier eine Weile still war, gibt es wieder ein paar Neuigkeiten, denn Sophus und ich sind aus unserem Normandie-Urlaub zurückgekehrt. Und wir haben ausser Innereien a la créme (die spinnen die Normannen) und diversen alkoholischen Spezialitäten auch ein paar wirkliche schöne Ecken und einiges Mittelalterliches entdeckt. 
Wir fuhren mit dem Auto - da wir die Mautgebühren auf der Autobahn vermeiden wollten über Land. Die Beschilderung ist definitiv für den Feind gemacht... ihr wollt gar nicht wissen, wie oft wir uns am Anfang verfahren haben, bis wir dann recht bald auf genaueres Kartenmaterial der örtlichen Touristeninformationen zurückgriffen. 
Schon auf dem Weg an die normannische Küste kamen wir in einem kleinen Städtchen zufällig an einem Juwel vorbei: Saint Riquier, ein kleines Städtchen mit einer wundervollen Abteikirche und einem alten Stadkern, wirklich sehenswert. Wir legten dort eine spontane Pause ein, leider war die Kirche geschlossen, aber von aussen war sie schon sehr beeindruckend. 

Als erstes Ziel steuerten wir dann St-Valerie-sur-Somme an, um uns den mittelalterlichen Stadtkern anzusehen, den Ort, von dem William the Conqueror aufbrach um England zu erobern.

Gedenkstein zum Aufbruch der Normannen nach England

Dieppe war dagegen etwas enttäuschend. Weiter ging es die Küste hinunter, Steinstrand und Steilküsten dominieren im Departement Seine-Maritime und Eure.

Küste in Yport

Als wir nach Honfleur kamen, waren wir begeistert. Es gibt dort erhaltene spätmittelalterliche Straßenzüge, von der ehemaligen Befestigung ist noch die Lieutenance erhalten, in die eines der Stadttore integriert ist. Die Kirche Sainte-Cathérine stammt noch vom Ende des Hundertjährigen Krieges und ist komplett aus Holz gebaut, mit einem seperatem hölzernen Kirchturm und sehr gut erhalten. Diese Stadt ist definitiv einen Besuch wert.

Altstadt von Honfleur
Die Lieutenance am Hafen von Honfleur

Eine weitere Perle auf unserer Reise war das Museum im Schloß von Crèvecoeur en Auge. Eine gut erhaltene Anlage mit innerer Burg und äusserem Hof, in welchem liebevoll rekonstruierte Tierpferche, Töpferöfen etc. stehen. Im Schloß selbst befindet sich im 1. Stock ein Raum, welcher mit sehr hübschen Repliken des 15. Jhs. eingerichtet ist und - ebenso wie die Rekonstruktionen in der Aussenanlage - für Burgbelebungen genutzt wird. Wir haben es sehr bedauert, nicht die Burgbelebung gesehen zu haben, die ein paar Wochen vorher stattgefunden hatte.

Der äussere Hof der Burg

Die Burg (Gebäude im Innenhof erhalten)

Detail des eingerichteten Schlafzimmers




Im Pays d'Auge, dem Hinterland der Provinz Calvados gab es auch noch eine Menge weiterer Schlösser und Herrenhäuser zu bestaunen, leider alle von aussen und weiter weg, da sich fast alle in Privatbesitz befinden.


Weiter ging es dann nach Bayeux, wo natürlich das Museum der berühmten Tapisserie auf dem Programmpunkt stand. Wir hatten Glück, das Museum dieses wundervollen Weltkulturerbes an einem Wochentag zu besuchen, am Wochenende muß dort die Hölle los sein. Auch so wurde man ziemlich flott mittels Audioguide entlang des 70 m langen Wandteppichs gelotst - zum Glück gab es eine Pausetaste.... Im Obergeschoß gab es noch eine kleine Ausstellung zum Teppich  von Bayeux und einen Film, der bei der Reenactment-Veranstaltung zur Schlacht von Hastings 2006 gedreht wurde. Dort war ich damals als Teilnehmer und konnte so ein bißchen in Erinnerungen schwelgen. Später im Museumsshop mußte ich dann sehr lachen, als ich im einzigen deutschen Buch zur Schlacht von Hastings (mit Bildern vom Reenactment) was dort auslag, mich selber auf einem Foto entdeckte. Und ich kannte das Buch nicht mal....
Auch sonst hatte Bayeux einiges zu bieten: Die Kathedrale, und auch noch einiges an alter Bausubstanz, so zum Beispiel einige erhaltene Wohnhäuser des Spätmittelalters.

Das Adam und Eva-Haus in Bayeux mit sehr schönen Schnitzereien


Nach unserem Aufenthalt dort fuhren wir noch zum Mont Saint-Michel. Ebenfalls ein Weltkulturerbe, und ich hatte mich schon sehr darauf gefreut. Dort angekommen stellten wir erstmal fest, das der Parkplatz ungefähr genauso groß ist wie die eigentliche Insel (okay, ich übertreibe ein bisschen). Die Abtei und die Unterstadt sind wirklich schön und perfekt erhalten - wenn nur nicht diese Menschenmassen wären! Der ehemalige Pilgerweg zur Abtei war gestopft voll mit Besuchern (und das in der Woche) und rechts und links gesäumt mit Souvernirläden, die zum Großteil übelsten Kitsch anboten. Wir versuchten, uns auf der Stadtmauer und durch Seitengassen zu bewegen um dem Touristenstrom etwas zu entkommen, aber lange haben wir es nicht ausgehalten...
Der Mont Saint-Michel

Der Pilgerweg durch die Unterstadt von der Stadtmauer betrachtet

Souvenirshops säumen den Weg des modernen Pilgers

Die letzten Tage haben wir dann noch gemütlich an den D-Day-Stränden verbracht, wo es wirklich schön war. 
Eigentlich hätten wir viel mehr Zeit gebraucht für noch mehr Strand, noch mehr tolle Museen und noch mehr leckeres Essen. Ich weiß, die Normandie ist eine Apfelregion, aber wenn ihr mal dorthin kommt, probiert auf jeden Fall den Poiré, einen Birnen-Cidre. Uuuunglaublich lecker!

Dienstag, 23. August 2011

Soester Fehde 2011

Am vergangenen Wochenende waren Sophus und ich in Soest zur Soester Fehde 2011. Allerdings nicht mit  eigenem Lager sondern nur als Besucher.
Bei der ersten Soester Fehde 2009 war ich nicht dabei, weiß aber, daß dort das Reichsaufgebot die Veranstaltung  (speziell das Lager) mitgestaltet hat und der gute Standard des Reichsaufgebots ist ja bekannt. Dieses Jahr war das Reichsaufgebot nicht beteiligt, also habe ich meine Erwartungen an die Qualität der Veranstaltung mal nicht ganz so hoch geschraubt. Die Zeitstellung war klar: 1444-1449, auf der Webseite der Veranstaltung war unter dem Punkt "Teilnehmerinfo" auch eine Kleiderordnung vorgegeben, in der darauf verwiesen wurde, das die Klamotte in den Rahmen 1400-1480 passen muß.
Die Kleiderordnung war eine Art von einfachem Kitguide - also eine Übersicht, was angezogen werden kann/darf, ausserdem waren eine Reihe von absoluten NoGos aufgelistet, z.B. keine modernen Schuhe, Rauchen nur im versteckten Raucherbereich, keine Steckstühle (stand sogar mehrmals drin ;-)), keine sichtbaren Ponyfransen bei Frauen, keine sichtbaren moderenen Gegenstände (nur im geschlossenen Zelt), keine Jurten, Kothen etc... Im Endeffekt die Vorgaben des Reichsaufgebots, allerdings etwas gekürzt und leicht abgemildert. Soweit so gut. Ich dachte mir also: Gut, es ist nicht das Reichsaufgebot, aber sie haben vernünftige Regeln, also sollte es ganz okay werden.
Wir zogen also am Samstagmorgen neugierig los um uns anzusehen, wie eine Stadt das Mittelalter (er)lebt...

Die Veranstaltung war unterteilt in einen normalen Mittelaltermarkt mit Kinderspielen, Gastronomie und den üblichen Middelaldä-Kruschthändlern und ein paar eher grobmittelalterlichen Lagern in der  historischen Innenstadt einerseits und dem "Heerlager" der Belagerungsarme und ein paar spezialisierten LH-Händlern in verschiedenen Teilabschnitten der Gräften, dem noch erhaltenen ehemaligen Stadtgraben, andererseits. Der Platz für das Lager war sehr schön gewählt, im Graben, umgeben vom Gemäuer der  alten Befestigungsanlage - auf jeden Fall ein schönes Ambiente.

In Soest gibt es eine Kleiderschneiderei, bei der man sich zeitlich passende Klamotten schneidern lassen kann wenn man Interesse hat, in "Gewandung" auf den Markt zu gehen oder auch für die Beteiligten/Freiwilligen von Festspiel, Theaterstücken, Helfern in der Taverne etc. Eine nette Idee, allerdings sah man den entsprechenden Leuten immer gleich an, das sie aus Soest kommen, da die Kleider irgendwie bei allen etwas "von der Stange" wirkten. Aus weiterer Ferne sah es ganz gut aus, beim Näherkommen sah man dann doch, das es einfach nicht ganz stimmig war. Allerdings war es putzig, wieviele Leute in Klamotte rumliefen. Eine Darstellerin hörte ich im Vorübergehen sagen: "Ich frage mich, wer hier verkleidet ist, die Leute mit ihren modernen Klamotten oder wir?" Und am Samstagmorgen waren Leute in mittelalterlichen Klamotten in den Gräften auch tatsächlich noch in der Überzahl. Die anwesenden Gruppen kamen aus ganz Deutschland, viele waren auch aus den Niederlanden und Belgien angereist.

Der erste Schlag traf mich allerdings gleich beim Durchqueren des ersten Lagers am Dasselwall. Die Klamotten sahen von weit weg ganz okay aus, vielleicht wurde etwas viel Gardine verarbeitet, aber was mich richtig schockte: Steckstühle!!! Im Nachhinein habe ich erfahren das dort wohl Delegationen von Partnerstädten waren und für ein (allem Anschein nach eher grobmittelalterliches) niederländisches Mittelalterfestival geworben wurde... nun ja... aber nach den Hinweisen auf Kleiderordnung und Teilnahmeregel hätte ich definitiv schon etwas mehr erwartet.

Wieso denn bloß?
In der nächsten Gräfte zwischen Ulricher- und Grandwegertor waren vereinzelt Lager und verstärkt Händler anzutreffen, unter anderem auch ein paar die echt schöne Sachen hatten, zum Beispiel ein Töpfer mit recht hübschen Repliken und ein Stand mit sehr hübschen Strumpfbändern. Besonders positiv aufgefallen ist mir  beim ersten Durchlaufen ein kleines Lager mit einem Stand, der sich etwas von den anderen abhob, weil er einfach gestaltet war und nicht so nach typischem Marktstand aussah. Hier gab es allerlei nützliche Kleinigkeiten, wie z.B. Bronzenadeln, Ahlen, Nestelspitzen, Garnrollen usw.  und daneben stand noch eine schöne Auslage mit diversen Trippen. Die dazugehörigen beiden  netten Händler, Udo und Elke, haben wir dann später  am nächsten Tag auch noch kennengelernt. Wir haben uns bei ihnen noch mit diversen unverzichtbaren Kleinigkeiten eingedeckt, die das Reenactor-Herz erfreuen. Und ein ganz besonderer Clou: Udo hat Sophus' Anfänger-Notstand direkt erkannt und ihm second hand und günstig ein Paar kaum getragener SpäMi-Schuhe überlassen.  Vorher hatte Sophus welche geliehen, die aber leider nicht ganz passten und auch nicht ganz "a" waren. Er freut sich jetzt ein Loch in den Bauch, weil er sein erstes paar Schuhe sein eigen nennt. Hier nochmal ein ganz dickes Danke an Udo! :-)

Die weiteren Lager in den Gräften an Immermannwall und Nelmannwall waren von der Darstellung auf den ersten Blick ganz okay, allerdings konnte man bei fast allen "Finde den Fehler" spielen und mußte dazu noch nicht mal lange suchen... Hier stand ein Alex-Zelt, dort lag ein quietschgrüner Spülschwamm auf dem Tisch,  dort stand eine PET-Flasche, bei verhältnismäßig vielen Lagern standen Teekessel auf dem Feuer, einige Gruppen hatten emaillierte Pfadfinderkochtöpfe, viele Zelte standen achtlos offen und gaben den Blick auf Kühlboxen, Isomatten und Schlafsäcke frei... Da frag ich mich: Warum? Ich finde, man kann doch einfach drauf achten, das die Feldküche mit modernen Töpfen nicht direkt für den Besucher sichtbar an der Absperrung aufgebaut wird, oder einfach ein Zelt zumachen, oder sein Getränk im Zelt umfüllen oder oder oder... Das würde das Bild einfach gleich enorm aufwerten! Aber irgendwie scheint das oftmals zuviel verlangt.
Einen versteckten Raucherplatz schien es auch nicht zu geben, die Darsteller standen meist einfach an der Mauer gegenüber ihren Lagern zum Rauchen.
Es ist ja lobenswert, das man Regeln aufstellt, die von den teilnehmenden Gruppen eingehalten werden sollen. (auf der Internetseite der Veranstaltung auch als Mindeststandards bezeichnet). Wenn sich aber keiner dazu berufen fühlt, die Einhaltung dieser Regeln zu überprüfen, dann kümmert sich natürlich auch keiner drum, sie einzuhalten Der Stadt ist das wahrscheinlich egal und da dieses Mal das Lager nicht vom Reichsaufgebot organisiert war, sondern aus zusammengewürfelten Gruppen bestand, hat sich wohl einfach niemand dafür verantwortlich gefühlt. Sehr schade...

Mir persönlich fehlte auch der "Heerlager-Faktor". Es gab gut ausgestattete Lager mit sehr schönen bunten und bemalten Zelten, eine Menge liebevoll rekonstruierte Möbel wie Seilbetten, Glastonbury-Stühle, Scherenstühle und Klappstühle mit Lehne, große Tafeln etc. Ist ja schön und gut, wenn man versucht  bei einer Outdoor-Veranstaltung einen Haushalt darzustellen oder sowas. Aber es wirkte teilweise einfach nicht wie ein Heerlager - sondern eher wie eine Möbelausstellung. Man konnte das Gefühl bekommen, jeder hat seine beste Ausstattung mitgebracht und will zeigen was er hat. Was mir fehlte, war die Einfachheit, die in der militärischen Darstellung eben geboten ist.  Ich denke, man hätte dieses Belagerungs-Szenario definitiv besser rüberbringen können...

Sehr schade fand ich, das es so gut wie kein Lager gab, in dem für die Besucher aktiv etwas dargestellt  oder einfach mal was erklärt wurde. Bei vielen Gruppen aus BeNeLux mag die Sprachbarriere ein Hinderungsgrund gewesen sein, aber ich hatte prinzipiell den Eindruck, daß man einfach seinen Stiefel macht, hauptsache man ist pünktlich bei der Schlachtdarstellung. Ein bisschen  mehr museumspädagogische Ansätze wie eine  Rüstschau oder meinetwegen eine Modenschau (auch wenn's nicht ganz in den Kontext passt) für  interessierte Besucher in dem ein oder anderen Lager wäre eine nette Ergänzung gewesen.
Feldscher-Display
Eine löbliche Ausnahme war das letzte Lager kurz vor den Tribünen. Man sah keinen modernen Kram  irgendwo offen rumstehen, das Lager war nicht abgesperrt, es war schlicht gehalten und es gab Displays mit Kochutensilien und mit chirurgischen Instrumenten. Was uns direkt ins Auge fiel - dort stand ein Exemplar der Spezies "Erklärbär". Wir wollten nur kurz hören worum es geht, wurden aber sogleich in den Bann einer sehr interessanten Vorführung gezogen. Pierre vom Projekt Mittelalter erklärte uns und den neugierigen Besuchern mit einer Engelsgeduld, viel Begeisterung, Humor und fundiertem Fachwissen die einzelnen chirurgischenn Instrumente, Details zum Beruf des Feldschers und die damaligen Behandlungsmethoden. Auch als wir uns später mit ihm unterhielten unterbrach er immer wieder das Gespräch um interessiert das Display betrachtende Besucher zu fragen, ob er ihnen was erklären kann oder ihnen einfach kurz die Benutzung bestimmter Insrtumente zu erklären. Hier wird der in der Living History-Szene so viel zitierte Bildungsauftrag mal wirklich umgesetzt, mit Spaß daran. Danke dafür! Wir haben auf jeden Fall noch ne Menge gelernt.

Besucher-Taverne
Reenactor-Taverne











Im Bereich der Gräften gab es eine Taverne für Besucher und eine Taverne für die Darsteller. Etwas kurios: Die Besuchertaverne hatte gezimmerte Bänke und Tische, zwar etwas grob, aber man merkte, das sich jemand was dabei gedacht hatte. Der Tavernenstand war ebenfalls aus Holz gezimmert. Die Reenactor-Taverne stand am Hang und man konnte dort eher rutschen als sitzen, was allerdings besonders auffiel - sie bestand einfach nur aus Biertisch-Garnituren und einem unverkleideten Ausschank, und das direkt neben den Lagern... Man hätte da vielleicht besser nach englischem Vorbild abseits der Veranstaltung ein Bierzelt aufgebaut.

Am Sonntag haben wir uns dann noch den Sturm auf die Stadt angeschaut, eine Art moderiertes Theaterstück mit choreographierter Schlacht, welches in anderthalb Stunden durch die Geschichte der Soester Fehde führte. Die Soester Bürger und Vereine, die dort gemeinsam mit den historischen Darstellern unter Leitung eines Regisseurs mitgespielt haben, haben sich wirklich sehr ins Zeug gelegt. Es gab  in dem der Fehde vorrausgehenden "Freidensbild" viele nette Details, wie z.B. Waschfrauen, Pferdekarren mit Getreidesäcken beladen, eine Kräuterfrau, spielende Kinder. Beim Sturm wurden dann die großen Geschütze aufgefahren, Kanonen, Hakenbüchsen, Reiterei, große Leitern zur Erstürmung der Mauern, Pyrotechnik mit "Sprengsatz", ein Rammbock, dessen Dach man in Brand setze. Netterweise bekamen alle Zuschauer am Eingang einen Gehörschutz und wurden vor Beginn der Schwarzpulverorgie darauf hingewiesen, diesen einzusetzen. Alles in allem ein sehr unterhaltendes und mit Herz gemachtes Schauspiel.

Ansonsten war es mal wieder ganz nett, Leute wiederzutreffen und neue Leute kennenzulernen. In ein paar Lagern wurden wir gastfreundlich aufgenommen und es gab viele gute Gespräche, für mich persönlich war das schon ein Grund, der die weite Anreise lohnenswert gemacht hat.

Als Fazit kann man wohl sagen, das die Soester sich sehr viel Mühe geben, für ihre Stadt und deren Besucher eine umfangreiche Veranstaltung auf die Beine zu stellen, mit Festspiel, Umzug und Theaterstück und der moderierten, choreographierten Schlachtnachstellung, dazu noch Mittelaltermarkt und  Lager. Es ist nett zu sehen, wie sehr sich Vereine und Gruppen der Stadt engagieren, in dem Versuch, sich mittelalterlich zu kleiden etc. Ich denke, vom Anziehungsfaktor für den normalen Besucher ist diese Veranstaltung sehr reizvoll, weil einfach viel geboten ist.
Was allerdings die Lagergruppen in den Gräften angeht, dort ist definitiv Raum für eine Verbesserung  - vielleicht indem man wieder jemand hinstellt, der die Qualitätskontrolle  nach den vorgegebenen Regeln bei den anwesenden Gruppen durchführt und vor allem auch durchsetzt. Es wäre schön, wenn sich 2013 die Qualität der Soester Fehde wieder verbessern würde und nicht nachlässt und sinkt.


Was zum Geier?
Zum Schluss noch eine Kuriosität die ich im Lager entdeckt habe: es scheint sich um einen als Scherenstuhl getarnten Steckstuhl zu handeln... Tststs - was sich die Leute wohl noch so alles einfallen lassen?

Montag, 8. August 2011

Lange Museumsnacht und Mittelaltermarkt Wasserschloss Glatt

Am Wochenende waren wir für den Mittelaltermarkt im Zuge der langen Museumsnacht im Wasserschloss Glatt als Musik und WalkAct gebucht. Sophus hatte beschlossen auch mitzukommen und so fuhren wir am Freitagabend zum Aufbau dorthin.
Ich hatte keine großen Erwartungen, da es ja ein normaler Mittelaltermarkt war - und die Qualität solcher Veranstaltungen lässt in der Regel ja zu wünschen übrig. Ausserdem war für Samstag sehr durchwachsenes Wetter und für sonntag quasi Dauerregen vorhergesagt. Aber wir kennen und mögen die Veranstalter und deshalb waren wir gerne bereit, dort aufzutreten.

Das Wasserschloß
Die erste Überraschung: Der Platz war wunderschön, das alte Wasserschloß und die umgebenden Gebäude sind toll renoviert und der Markt fand im Park des Schlosses statt, auf der einen Seite von einer alten Steinmauer, auf der anderen vom Flüsschen Glatt begrenzt. Im Park gab es jede Menge Apfelbäume und unter diesen im Schatten der Mauer durften wir dann unser Zelt aufschlagen. Wir wurden ins Lager der Wandervögel, der Gruppe der beiden Veranstalter einquartiert und dort sehr nett  und herzlich aufgenommen. Freitag war nur Aufbautag, die eigentliche Veranstaltung ging dann erst am Samstagmittag los, dafür aber wegen der Museumsnacht bis 1 Uhr. 

Der Eingang zum Innenhof

Die zweite Überraschung: Der Markt an sich mit einer praktischen und für  Lagerleute sehr angenehmen Unterteilung: Gastronomie im Schlosshof, Lager, Händler und Handwerker im Park. Es gab sehr schönes vorführendes Handwerk, darunter Buchbinder, Seilerei, Schmied, Papierschöpfer und Löffelschnitzer. Ansonsten die üblichen Verdächtigen, Gewandungshändler, Perlen, Imkerei, Filzerei, Kräuterliköre, Seifen und Kinder-Ritterspielzeug, aber angenehmerweise alles ohne allzu großen Grusel- und Bäh-Faktor.

Die dritte Überraschung: Annes Gewandstub. Mir fiel am ersten Morgen auf dem Weg zum Waschen eine Frau in einem schön rekonstruierten Dürerkleid auf, die ich daraufhin angesprochen habe. Wie sich herausstellte, gehört Anne zu den Mittelalterfreunden Zollernalb und schneidert. Im Lager der Gruppe hatte sie einen kleinen feinen Stand mit schön rekonstruierter Kleidung und allerlei nützlichem Kleinkram wie z.B. Scheren, Nestelspitzen, Nestelbändern, Garn, kleinen Schnallen für verschiedene Epochen etc. Ich habe mich total gefreut, jemand mit Ahnung und Verständnis für Rekonstruktionen auf einem Mittelaltermarkt zu finden. Wie sich herraustellte sind bei den Mittelalterfreunden Zollernalb einige Leute dabei, die nebenher auch Reenactment und Living History verschiedener Epochen auf einem hohen Niveau betreiben - ein echter Lichtblick unter all den grottigen Lagergruppen, die ich in den letzten Jahrzehnten auf Märkten so gesehen habe. 
Die Gruppe zeigte einmal täglich auf der Bühne eine Modenschau des Mittelalters von der Merowingerzeit bis hin zur Renaissance mit sehr guter Moderation, auch für den Laien oder Neuling verständlich. Für eine Museumsnacht ein großartiges Programm mit größtenteils sehr schön rekonstruierten Klamotten.

Die vierte Überraschung: Das Schlossmuseum und das Bauernmuseum, die zwar klein sind, aber wirklich  einige schöne Funde und Ausstellungsstücke zu bieten haben.

Die riesigen Tortenstücke
Die fünfte Überraschung: Das Schloßcafe. Auf mehreren Etagen mit unglaublich schnuckeligem Ambiente gibt es wahnsinnig leckere Kuchen und Torten und die größten Tortenstücke, die ich je in meinem Leben gesehen habe... und so ein Stück kostet nur soviel, wie in jedem anderen Kaffee ein normales Kuchenstück. Der absolute Oberhammer!

Es gab ein paar sehr skurile Besucher, die uns extrem erheiterten, nette Gespräche mit Händlern und viele Komplimente für unsere Musik. Das Wetter spielte, bis auf einige nächtliche sinnflutartige Regenfälle und ein paar Schauer ebenfalls erstaunlich gut mit und so hatten wir ein sehr schönes Wochenende mit guten Gesprächen, netten neuen Bekannschaften und viel Spaß. Ein besonderer Dank gilt Bettina und Marcus, die uns zu dieser Veranstaltung eingeladen und uns herzliche Aufnahme in ihrem Lager gewährt haben und Anne, Uwe und Manuel für anregenden Gedankenaustausch, speziell Anne, die sich die Zeit genommen hat, uns dreien eine wunderbare Technik zu erklären, mit welcher man richtig lange Nestelbänder herstellen kann. Jetzt muß ich nicht mehr andauernd fingerloopen. ;-)

Freitag, 29. Juli 2011

Projekte und Ideen...

Nachdem wir wieder aus Azincourt zurück sind, hat sich meine To-Sew-List um einiges erweitert und auch andere Projektideen sind entstanden. Vor Azincourt habe ich noch angefangen, eine Schaube zu nähen, diese muß allerdings noch gefüttert und mit Pelz verbrämt werden. Dazu werde ich dann auch einen kleinen Bericht einstellen, sobald sie fertig ist.
Weitere angedachte Projekte sind: 
- eine Fransenmütze 
- eine Houppelande
- zwei seitlich geschnürte Kleider
- ein ärmelloses Kleid
- eine neue Ledertasche
Ausserdem in fernerer Zukunft ein größeres Zelt, Stühle und ein Tisch und ein bis zwei neue Truhen...  Wir werden also gut zu tun haben, um das alles umzusetzen.




Donnerstag, 28. Juli 2011

Azincourt 2011

Nachdem ich dieses Jahr zum ersten Mal beim Reenactment in Azincourt dabei war, will ich jetzt auch ein bisschen berichten. 
Die Veranstaltung war zwar nicht so riesig, wie ich ursprünglich durch Erzählungen angenommen hatte, aber dafür familiär und sehr gut organisiert. Die Versorgung mit Lebensmitteln, Feuerholz  und Stroh war prima, Probleme wurden schnell gelöst und für Fragen hatte das Organisationsteam auch immer ein offenes Ohr. Die teilnehmenden Gruppen und Händler waren aus aller Herren Länder. Natürlich sehr viele Engländer (die Veranstaltung ist zwar in Frankreich, ist aber britisch organisiert) aber auch Franzosen, Niederländer, Belgier, Deutsche, Österreicher und soagr eine Gruppe aus der Ukraine waren vertreten. Die Lager waren unterteilt in französisches und englisches Camp, dazwischen befand sich das "Schlachtfeld" und der Markt.
Der Markt war nicht riesig, aber dafür gab es Händler mit sehr gutem Angebot, abseits des üblichen Touri-Kitsch. Es gab eine Töpferin mit sehr guten Repliken, natürlich Waffen-, Rüstungs- und Bogenschützenbedarf, ausserdem einige recht gute Kleidungs- und Acessoire-Händler. Die besten Schuhe und Taschen des Marktes gab es bei NP Historical Shoes. Nicht zu vergessen ausserdem die Fudge-Lady, die mir letztes Jahr in Herstmonceux mit ihren leckeren Kreationen schon die Veranstaltung versüßt  hat. 
Besonders erfreulich fand ich, das Bernie the Bolt mit seinen wunderbaren Stoffen da war. Ich hatte leider nicht so wahnsinnig viel Geld dabei, aber ich habe mir für ein zukünftiges Nähprojekt grauschwarzen Loden gekauft.
Vom Ablauf her war die Veranstaltung für mich sehr entspannt, da ich nirgendwo eingebunden war - ich hatte mich nur als freiwillige Küchenhilfe zur Verfügung gestellt. Da gab es dann zwar auch etwas zu tun, aber noch genug Zeit, um sich alles mal anzugucken. Freitag war Aufbautag, und da wir die Nacht durchgefahren waren standen morgens schon die Zelte und wir hatten den Tag über Zeit zu nähen, zu schlafen, zu basteln und was uns sonst noch so einfiel. Ich hab mich sehr gefreut, das ich mal wieder ein paar Tage Zeit mit "meinen" Engländern verbringen konnte und unser kleines 8 Personen-Camp wurde dann auch noch von Besuch aus Holland verstärkt.
Samstag war lazy day ohne Besucher, wir haben fleissig gekocht, haben den Markt erkundet und uns die Generalprobe für die Schlachtnachstellung am nächsten Tag angesehen. Nach dem  Bandyball-Spiel am Abend war dann Zeit für Würfelspiele und Musik. 

Battle of Azincourt - Reenactment 2011
Am Sonntag kamen die Besucher, zahlreich und sehr interessiert. Den Tag über gab es auch einiges an Programmpunkten, von mittelalterlichen Tänzen über ein Turnier und einen Bogenschützenwettbewerb bis hin zur Schlachtnachstellung. Die Lager waren belebt und es gab einiges zu sehen. Da mein Französische leider ziemlich mangelhaft ist, fand sich Sophus netterweise bereit, den Erklärbär zu machen und den Besuchern Rede und Antwort zu stehen.
Montagmorgen wurde dann das Lager wieder abgebaut und es ging für uns alle wieder zurück in heimische Gefilde.
Fazit: es war eine wirklich gelungene Veranstaltung mit tollen Leuten und es wird wohl für uns nächstes Jahr wieder heißen: "God for Harry, England and Saint George!"

Montag, 18. Juli 2011

Countdown für Azincourt

So, die letzte Woche vor Azincourt ist angebrochen. Die meisten Klamotten sind schon in Truhe und Kiepe verpackt, im Keller ist alles bereitgestellt - jetzt muß nur noch das Bett fertig werden. Am Samstag sind die Bettpfosten schon fertig geworden, gestern waren wir schon fleissig dabei, die Bretter abzuhobeln und zu schleifen, heute haben wir die Verzapfungen fertig gemacht und passen sie nun an die Löcher in den Pfosten an. Bisher sieht es ganz gut aus, evtl. können wir es heute nachmittag schon mal probehalber aufstellen und schauen, ob alles sitzt. Dann müssen wir morgen nur noch die Löcher für das Seil bohren und probeliegen. Ich bin schon echt gespannt, wie es sich darin schlafen lässt. Am Freitag werden wir es dann wissen...

Samstag, 16. Juli 2011

Der Wahnsinn greift um sich...

Ich hatte ja erwähnt, das ich für die Veranstaltung in Azincourt nächstes Wochenende mein Bett zu einem Seilbett umbauen wollte - Pustekuchen! Das war leider nix. Die Bretter sind zu dünn und die Bettwangen biegen sich zu stark durch. Und nachdem wir ja jetzt auch zu zweit darin schlafen wollen, ist das etwas schlecht.
Bei einem Baumarktbesuch um nach einer Lösung zu suchen, wie man das Bett etwas verstärken könnte, haben wir spontan Holz gekauft und beschlossen ein neues Bett zu bauen. Gestern haben wir damit angefangen und bis Mittwoch muß alles fertig sein, da wir dann das Auto beladen wollen. Mal wieder so eine Wahnsinnsaktion direkt vor einer Veranstaltung...
Aber immerhin habe ich es gestern auch noch geschafft, meine Gugel mit Knopflöchern und Knöpfen zu versehen, sie ist jetzt fertig. Jetzt kann's in Frankreich auch kalt werden, mein Kopf bleibt warm.

Abends waren wir dann noch (in zivil) auf dem Stauferspektakulum in Reutlingen, um bei einem recht guten SpäMi-Händler was für Sophus zu kaufen. Doch entgegen der Ankündigung auf der Internetseite des Veranstalters war dieser Stand leider nicht da. Aber da der Eintritt am ersten Abend frei war, haben wir noch ein bischen den Markt begutachtet. Der Platz war sehr schön: im Volkspark, eine riesige Wiese, viel Bäume und Grün. Recht gut fand ich, das Marktstände und Fressbuden räumlich ein wenig getrennt waren. Die Futterstände waren fast alle am großen Platz vor der Bühne, die Marktstände reihten sich entlang der Fußwege unter den Bäumen und die Lager hatten große Flächen auf der Wiese zur Verfügung. Im Vergleich zum letzten Jahr waren auch wesentlich mehr Lagergruppen dort.
Die Stände waren wie immer eine bunt zusammengewürfelte Mischung aus "allerley" pseudomittelalterlichem Kleinkram, Geschenkartikeln, Gotenschmuck und dem üblichen kruden Schmiedezeugs. Aber es gab auch Lichtblicke: einen kleinen Stand von einem Löffelschnitzer, der dort auch Handwerk vorführte. Der Stand war schlicht und nichts historisch unkorrektes stach ins Auge, die Löffel waren nach Originalfunden gearbeitet, hat mir sehr gut gefallen. Dann der Lichtermacher, der wirklich toll die Funktionsprinzipien von mittelalterlichen Lampen erklären kann (wir haben auch gleich eine erworben) und schöne Talglichter, Stundenkerzen und Öllampen hat. Der Stand daneben sah auf den ersten Blick auch nicht gerade toll aus, aber bei einem näheren Blick in die etwas unübersichtliche Auslage entdeckten Sophus und ich zwischen Plastik-Kinderkettenhauben und den üblichen schlecht geschmiedeten Messern tätsächlich auch gute Nestelspitzen, schöne Beinwürfel und - tadaaaaa - Kochtöpfe! Und zwar echt schön gearbeitete, sowohl für Frühmittelalter, als auch für Spätmittelalter. Und da ich bisher nur frühmittelalterliche Töpfe habe, war die Entscheidung schnell getroffen, einen SpäMi-Topf mitzunehmen. Abgesehen davon, war der Topf echt günstig...
Die Lager vor Ort waren meist ziemlich "grobmittelalterlich", sprich die übliche Steckstuhl- und Sitzritter-Fraktion. Ein paar waren allerdings schon wirklich bemüht und hatten schöne steckstuhlfreie Lager und auch ganz gute Klamotten, wenn nicht immer diese Ausrutscher wären...  Beispiel: Ein Zelt war wirklich nett eingerichtet und stand offen, man sah keinen modernen Scheiß rumstehen und in der Mitte stand ein wirklich schön gearbeitetes Bett. Mit modernen Bettbezügen mit grafischem Muster. Warum???
Nun, manche Sachen werden mir wohl auf ewig ein Rätsel bleiben...

Und jetzt geht's ans Weiterarbeiten, die Löcher in den Bettpfosten ausbeiteln...